Berliner Weiße

Berliner Weiße vom Fass gezapft in einem Altberliner Bierlokal

Berliner Weiße

Region

Berlin

Berliner Weiße - eine regionale Spezialität aus Berlin

Berliner Weiße ist ein milchsauer vergorenes, obergäriges Sauerbier mit einem niedrigen Alkoholgehalt von 3-4 Vol-%. Manche behaupten, es sei für die Hauptstadt Berlin sowie das Berliner Milieu quasi identitätsstiftend. Es wird pur genossen, aber oft auch mit Waldmeister- oder Himbeergeschmack aromatisiert.

Das Regionale Original Berliner Weiße wird traditionell aus Weizen gebraut und mit obergäriger Hefe, Milchsäuregärung und anschließender Flaschengärung hergestellt. Typisch ist für die traditionelle Herstellung, dass neben den Milchsäurebakterien auch die Nachgärhefe Brettanomyces bruxellensis und die Flaschengärung zur Anwendung kommt.

In dieser Herstellungsform ist das Regionale Original Berliner Weiße auch Passagier der von Slowfood ins Leben gerufenen Arche des Geschmacks.

Slowfood Arche des Geschmacks
Passagier der Slowfood Arche des Geschmacks

Die Geschichte zum regionalen Original "Berliner Weiße"

Schon im 16. Jahrhundert soll in Berlin regelmäßig milchsaures Bier gebraut worden sein. Das ist den Aufzeichnungen des legendären Braumeisters Cord Broyhan (†1570) zu entnehmen. Und um 1577 entstanden bereits die ersten Berliner Brauereigilden. Zusätzlichen Schwung erhielt die Berliner Bierkultur dann nach dem 30-jährigen Krieg und den darauffolgenden Pestausbrüchen und Hungersnöten. Diese führten zu einer sehr starken Dezimierung der Berliner Bevölkerung. Mehr als 20.000 Hugenotten sollen dann gegen Ende des 17. Jahrhunderts von Frankreich nach Berlin und Brandenburg gezogen sein. Unter diesen fanden sich auch einige französische Braumeister, die dann ihren Beitrag zur Entwicklung des Berliner Bieres leisteten, indem sie ein leichtes Weizenbier produzierten.

Das Berliner Weißbier des 17. Jahrhunderts wird als weinklar, süß-säuerlich und stark moussierend beschrieben. Als die napoleonischen Truppen 1806 in Berlin einziehen und bald auch das Berliner Weißbier kosten dürfen, wird aufgrund des Geschmacks und vor allem des moussierenden Charakters schnell ein Bezug zum Schaumwein gezogen und die Bezeichnung „Champagner des Nordens“ kommt auf.

Die große Blütezeit hat die Berliner Weiße dann Mitte des 19. Jahrhunderts. Über 50 Brauereien produzieren zusammen mehr als 1 Million Hektoliter Weißbier und in ca. 700 Weißeschänken in der ganzen Stadt entwickelt sich eine regelrechte Bierkultur. Die Weiße wird nicht nur in den Schänken getrunken, sondern ist Teil des täglichen Lebens. Wo die Trinkwasserqualität zu wünschen übrig lässt, weichen die Bürger auf Weißbier aus. Die ärmeren Bürger kaufen den Weißbieransatz im Eimer in der Brauerei und lassen es zuhause fertig gären. Selbst Kindern gibt man das schwach alkoholhaltige Weißbier zu trinken – und versetzt es dafür mit etwas Waldmeister- oder Himbeersirup, damit die Kinder es lieber trinken.

Der Niedergang der Berliner Weiße begann im 19. Jahrhundert und zog sich bis in die Zeit des 1. Weltkrieges. Er hatte mehrere Gründe. Einer davon war, dass durch die Entstehung der Kühltechnik nach und nach die Herstellung von untergärigem Bier einfacher wurde und dieses sogenannte Braunbier seinen Siegeszug begann. Speziell in Berlin war es auch so, dass es viele Brauereischänken gab, die mit der Hygiene bei der Bierherstellung so ihre Probleme hatten und daher das Bier keine konstante Qualität besaß. Oftmals wurde das Bier zu sauer. Die Zeitschrift „Der Bierbrauer“ bemängelte 1873 die mangelhaften Qualitäten zahlreicher Berliner Biere.

Einen kleinen Anteil am Niedergang mag auch die politische Stimmung Mitte des 19. Jahrhunderts beigetragen haben. Nach der niedergeschlagenen Revolution 1848 galt die Berliner Weiße als das Getränk der Konservativen und Monarchisten. Die Revolutionäre griffen dagegen, ganz subversiv, zum modernen Pilsener Bier.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dann auch noch die Steuer auf Bier erhöht. Das machte den kleineren Brauereien das Leben schwer. Gab es 1905 noch 51 Weißbierbrauereien in Berlin, so reduzierte sich die Zahl bis 1940 auf 10 Brauereien. Nach dem zweiten Weltkrieg ging das Streben dann weiter, bzw. die Brauereien wurden mehr und mehr zusammengekauft. Die Radeberger-Gruppe übernahm die größeren Brauereien Schultheiß, Kindl, Willner und Bürgerbräu und produzierte fortan nur noch die Marke „Berliner Kindl Weisse“, wobei es sich aber um ein reines „Kettle-Sour“ Bier handelt, ohne die typische Flaschengärung mit Brettanomyces bruxelliensis Gärhefe. Das macht sich natürlich auch geschmacklich bemerkbar.

Wo bekomme ich das regionale Original Berliner Weiße?

Heutige Produktion und Verfügbarkeit

Den weitaus größten Marktanteil bei der Berliner Weiße hat heute die Marke Berliner Kindl Weiße, die wie eben beschrieben, die für ein Regionales Original typische Flaschengärung mit Brettanomyces Gärhefe leider nicht aufweist.

Glücklicherweise haben aber in den vergangenen Jahren wieder einige Craftbeer Handwerksbrauereien die Berliner Weiße in der urtypischen Form für sich entdeckt und pflegen nun die Tradition wieder. Das sind insbesondere die Brauerei Lemke und die Schneeeule GmbH. Vor einigen Jahren gab es auch noch die Brewbaker – BGM Berliner Getränkemanufaktur GmbH, die die traditionelle Berliner Weiße braute und pflegte. Diese ist allerdings momentan nicht aktiv und soll erst demnächst wieder unter dem Label Living Beers UG produzieren.

Bezugsquellen

  • Brauerei Lemke Berlin GmbH, Dircksenstraße, S-Bahnbogen 143, 10178 Berlin; www.lemke.berlin
  • Schneeeule GmbH, Edinburger Straße 59, 13349 Berlin; www.schneeeule.berlin
  • Berliner Berg Brauerei, Treptower Str. 39, 12059 Berlin; https://berlinerberg.com/

Weitere Informationen zur Berliner Weiße

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