Stadt Crailsheim
Beim Crailsheimer Horaffen handelt es sich um ein Hefegebäck in der Form eines gerundeten „W“ oder in der Form eines legendären, wohlgeformten Bürgermeisterinnen-Popos. Der traditionelle Teig wird aus Weizenmehl, Butter, Eiern, Hefe und Salz hergestellt. Nach dem Backen werden die goldbraunen Teilchen mit Aprikosenmarmelade bestrichen, um sie vor dem Austrocknen zu schützen. Beim regionalen Original muss dann noch ein nicht zu sparsam aufgetragener Zuckergussüberzug drauf, denn nur diese „klebrige“ Variante findet bei der Hauptzielgruppe Kinder die richtige Wertschätzung.
In offiziellen Quellen ist zu lesen, dass ein Crailsheimer Horaffe 18 cm in der Länge und 8 cm in der Breite misst. Dabei soll er ca. 70 Gramm wiegen. Da das Gebäck aber ausschließlich in Handarbeit erstellt wird, sind Abweichungen die Regel und ein Beleg der handwerklichen Kunst.
Erstmals urkundlich erwähnt wird der Horaffe in der Crailsheimer Bäckerordnung von 1530, damals noch unter der Bezeichnung „Hornaff“.
Zunächst gehört zum Horaffen die Legende von der Rettung der Stadt durch die üppig geformte, listige Bürgermeistergattin. Diese soll eine Belagerung der Stadt durch die Wehren der Reichsstädte Rothenburg, Schwäbisch Hall und Dinkelsbühl im Jahre 1380 durch folgende List beendet haben: Als die Nahrungsvorräte im belagerten Crailsheim zur Neige gingen, lies sie aus dem letzten Mehl Brote backen und über die Stadtmauern werfen. Gleichzeitig präsentierte sie den Belagerern über die Mauer hinweg ihr entblößtes und pralles Hinterteil. Da waren die Belagerer überzeugt, dass innerhalb der Stadtmauern noch immer Überfluss herrschte und zogen entmutigt ab. Im Abzug prägten die Feinde noch den Spottnamen Horaff („haariger Affe“), den sie der listigen Bürgermeistergattin zuriefen. Die Form der gebackene Horaffen soll damit eine Anlehnung an den berühmten Hintern jener listigen Bürgermeistergattin sein.
Historiker zweifeln am Wahrheitsgehalt dieser schönen Geschichte und legen den Schluss nahe, dass das Gebäck eher ein Horn darstellen solle. Die Bezeichnung Horaffe würde auf „Horn offen“ zurückgehen. Dazu passt auch, dass der Horaffe in der Region im Crailsheim als Fastnachtsgebäck auftaucht, das im Februar (früher als „Hornung“ bezeichnet) an Arme und Kinder verteilt wurde.
Egal welche der beiden Erklärungen nun die Richtige ist. Noch heute werden in Crailsheim am Mittwoch vor Estohimi (Fastnachtssonntag) Tausende Horaffen gebacken und anschließend in Kindergärten, Schulen und Altenheimen verteilt. Daran beteiligt sind die in Crailsheim ansässigen Bäckereien, im Auftrag der Stadtverwaltung. So hat der Crailsheimer Horaff auch heute noch einen festen Platz im Jahreslauf.
Horaffen werden heute ganzjährig und in verschiedenen Varianten angeboten. Neben dem Klassiker mit Zuckerguss gibt es den Horaffen auch natur, mit Mandeln, mit Schokolade überzogen oder sogar als Laugengebäck-Variante. Erhältlich ist er in allen Crailsheimer Bäckereien, wenngleich er nicht überall zum Standardsortiment zählt.